Elisabeth von Thüringen: Die Patronin der Nächstenliebe 19.11.2021

Gedenktag: 19. November

Elisabeth von Thüringen: Die Patronin der Nächstenliebe

Sie zählt zu den beliebtesten Heiligen Deutschlands: Viele Menschen kennen die Legenden über die fürsorgliche Elisabeth von Thüringen. Doch ihr Leben verlief alles andere als märchenhaft – für den Traum der radikalen Christusnachfolge erntete sie vor allem Unverständnis, Spott und Ausgrenzung.
Im Winter 1227/28 war die einst so beliebte Landgräfin Elisabeth am Tiefpunkt ihres Lebens angekommen: Niemand wollte ihr und ihren drei kleinen Kindern Obdach gewähren. Weder die wohlhabenden Bürger noch der Klerus öffneten ihnen die Türen. Selbst die Armen, denen Elisabeth einst geholfen hatte, verspotteten die verstoßene Adlige. Als sie mit ihren Kindern schließlich in einen alten Schweinestall ziehen musste, soll Elisabeth bitter festgestellt haben: “Den Menschen würde ich gern danken, aber ich weiß nicht wofür.”
Bei Elisabeths Geburt 1207 hatte das alles noch ganz anders ausgesehen: Ihr Vater war der ungarische König Andreas II. und ihre Mutter Gertrud entstammte der einflussreichen Familie Andechs-Meranien. Aufgrund ihrer Herkunft wurde Elisabeth als politische Schachfigur im Machtspiel der europäischen Dynastien benutzt. Entsprechend der damaligen Praxis zog die Prinzessin bereits als Vierjährige zur Familie ihres Verlobten, Hermann von Thüringen. Dort übernahm die fromme Landgräfin Sophie die Erziehung ihrer zukünftigen Schwiegertochter.
Die Verlobungszeit aber verlief so gar nicht nach Plan. Erst fiel Elisabeths Mutter Gertrud einem politischen Mord zum Opfer. Weil dadurch die Auszahlung von Elisabeths versprochener Mitgift unsicher wurde, sank auch ihre Stellung in Thüringen. Dann starb überraschend der älteste Sohn des Landgrafen, Elisabeths Verlobter Hermann. Die unbrauchbare Kinderbraut solle zurückgeschickt werden, forderten immer lautere Stimmen bei Hofe.

Eine Liebesheirat – vollkommen zeituntypisch

Doch da hatte Ludwig, der zweitgeborene Sohn des Landgrafen, bereits Gefühle für Elisabeth entwickelt. 1221 heiratete der junge Landgraf die Vierzehnjährige in Eisenach. Es war eine für diese Zeit völlig unübliche Liebesehe, aus der drei Kinder hervorgingen. Entgegen späterer Legenden unterstützte der sonst so skrupellose Machtpolitiker Ludwig die karitativen Ambitionen seiner Frau. 1223 gründete das Paar gemeinsam ein Hospital in Gotha.

 

 

Armenfürsorge gehörte zwar zu den traditionellen Aufgaben einer mittelalterlichen Landesfürstin, doch Elisabeth wollte nicht nur von ihrem Überfluss geben. Sie verschenkte zunehmend ihren Schmuck und trug nur zu höfischen Anlässen widerwillig ihre prächtigen Gewänder. Dass sie persönlich aussätzige Kinder pflegte und sogar Verstorbene für ihre Beerdigung wusch, empfand ihr Umfeld als Zumutung: Elisabeth solle sich endlich standesgemäß verhalten und Thüringen als Landgräfin würdig vertreten.
1226 betrat der gefürchtete Kreuzzugprediger und Inquisitor Konrad von Marburg den Hof bei Eisenach. Er wurde Elisabeths geistlicher Leiter und sah in der frommen Adligen vor allem seine Chance, als “Macher” einer neuen Heiligen Ruhm zu erlangen. Der strenge Priester trieb Elisabeth zu immer neuen asketischen Höchstleistungen an. Bald war Ludwig die einzige Person, die außer Konrad noch nennenswerten Einfluss auf Elisabeth hatte.
Ein Jahr später musste der Landgraf ein zuvor geleistetes Versprechen erfüllen und am Fünften Kreuzzug teilnehmen. Kurz vor seiner Abreise legte die damals schwangere Elisabeth ein doppeltes Gelübde ab: Soweit dadurch nicht Ludwigs Rechte betroffen würden, versprach sie auf ihren geistlichen Leiter hören. Und sollte sie Witwe werden, wollte sie ehelos bleiben und Konrad gar absoluten Gehorsam leisten.

Kampf ums Erbe

Tatsächlich starb Ludwig noch auf dem Weg nach Jerusalem in Italien. Konrad verfügte nun nicht nur uneingeschränkt über Elisabeth, sondern auch über ihren Besitz und ihre Kinder. Als die Landgräfin begann, ihr verbliebenes Erbe an die Armen zu verteilen, brach ein offener Machtkampf aus. Um Konrads Einfluss zu begrenzen, übernahm Ludwigs Bruder Heinrich Raspe die Regentschaft für den minderjährigen Thronfolger Hermann und entzog seiner Schwägerin die Verfügungsgewalt über ihr Witwengut.
Elisabeth sei nicht mehr zurechnungsfähig, war Heinrich überzeugt. Aus Anstandsgründen willigte er ihr nur noch ein Wohnrecht mit Verpflegung am landgräflichen Hof zu. Doch weil Konrads strenge Auflagen ein Leben dort praktisch unmöglich machten, verließ Elisabeth mit ihren engsten Dienerinnen die Burg. Im Winter 1227/28 stand sie mit ihren Kindern, die bald nachgeschickt wurden, auf der Straße.
Konrad übte weiterhin erheblichen Einfluss auf Elisabeth aus – auf seinen Druck hin isolierte sie sich von ihren letzten Freundinnen, sagte sich von ihrer Familie los und gab ihre Kinder ab. Elisabeths Verwandte versuchten zu intervenieren und brachten sie zu ihrem Onkel, Bischof Eckbert von Bamberg, der sie standesgemäß verheiraten wollte. Sie aber weigerte sich und floh zu ihrem geistlichen Leiter nach Marburg.

Christus nachfolgen – in radikaler Armut

Das Verhältnis zwischen der jungen Witwe und dem Priester gab schon damals Anlass zu Spekulationen. In der Moderne wurden Elisabeth sogar psychische Störungen unterstellt. Ihr Lebenswandel aber erklärt sich nur mit Blick auf ihre Zeit: Das 13. Jahrhundert war eine Periode intensiver Gottsuche, die sich schonungslos mit der Problematik ungerechten Besitzes auseinandersetzte. Eine radikale Armutsbewegung nach der anderen entstand. Während einige als Ketzer verfolgt wurden, entwickelten sich andere zu den bis heute bekannten Bettelorden der Franziskaner und Dominikaner.
Ganz in dieser Tradition stand auch Elisabeth. Nachdem sie doch noch eine Entschädigungssumme erhalten hatte, gründete sie 1228 ein Hospital vor den Stadtmauern von Marburg. Als Patron wählte sie den erst kurz zuvor heiliggesprochenen Franz von Assisi. Genau wie der berühmte Ordensgründer wollte sie Christus in absoluter Armut nachfolgen und ihm in den Ärmsten dienen.
Trotz der schweren körperlichen Arbeit in der Krankenpflege unterwarf sich Elisabeth kompromisslos den strengen Geboten ihres geistlichen Leiters, der sie bei der geringsten Übertretung brutal bestrafte. Ihre besondere Liebe galt den Schwangeren und Kindern. Völlig entkräftet starb Elisabeth mit nur 24 Jahren in der Nacht vom 16. auf den 17. November 1231. Konrad trieb ihre Heiligsprechung energisch voran, doch er starb zwei Jahre nach ihr und sollte die Krönung “seines” Lebenswerks nicht mehr erleben. Papst Gregor IX. sprach Elisabeth 1235 heilig. Ihr Gedenktag ist der 19. November, der Tag ihrer Beisetzung.

Quelle: Von Valerie Mitwali

 

Ideen “Heilige Elisabeth”

Ideenreise Elisabeth von Thuringen

Gedenktag: 19. November

Im deutschen Sprachgebiet ist der 19. November Elisabeths Gedenktag – wie der evangelische und anglikanische. In anderen Ländern ist ihr Todestag auch der katholische Gedenktag: der 17. November. Sie ist Patronin von Thüringen und Hessen, der Witwen und Waisen, Bettler, Kranken, unschuldig Verfolgten und Notleidenden, der Bäcker, Sozialarbeiter und Spitzenklöpplerinnen, des Deutschen Ordens, der Caritas-Vereinigungen, des Bistums Erfurt und zweite Patronin des Bistums Fulda

Übersetzen »
DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner