Gutes Bairisch – vor allem für Zuagroaste
Wer den Dialekt nicht von klein auf gelernt hat, kann in viele Fettnäpfchen tappen.
Bairisch hat so seine Tücken. Aber es is einfach so schee scho. Bisweilen soll der Dialekt aus dem Süden Deutschlands für Menschen, die jenseits des Weißwurstäquators daheim sind, sogar unverständlich sein. Aber urig finden sie’s alle, spätestens auf der Wiesn gehört ein bisserl bayerische Gemütlichkeit ja auch dazu. Und so versuchen Prominente besonders zu dieser besonderen Zeit im Spätsommer, aber nicht nur dann, gerne immer wieder sich dem Dialekt anzunähern. Und scheitern oft kläglich. Zurück bleiben peinlich berührte bayerische Zuhörer. Wer also einen Zuagroasten im Bekannten- oder Familienkreis hat, der es auch so gern könnte, aber bislang scheiterte, dem sei Klaus Grubmüllers Ratgeber „Gutes Bairisch“ empfohlen. In dem 120 Seiten schmalen Büchlein widmet sich der emeritierte Sprachprofessor liebevoll seiner Muttersprache, dem Bairischen. Aufgewachsen ist er in München und Oberammergau. Die Mundart hat er also mit der Muttermilch aufgesaugt. Zunächst gilt es natürlich dem Nicht-Bayern zu erklären, dass Bairisch mitnichten einfach die Sprache ist, die im Freistaat Bayern gesprochen wird. Denn, der Bayer weiß es freilich: Im Freistaat gibt es auch Franken. Und das hat mit dem in Ober- und Niederbayern gesprochenen Bairisch nun wirklich überhaupt gar nichts zu tun. „Des hoit ja koa Sau net aus“ Auch Schwäbische Einflüsse gibt es, wir blicken nach Augsburg. Auch kein Bairisch. Grubmüller schreibt, natürlich mit einem Augenzwinkern: Gutes Bairisch spricht man, grob und mit dem Hochmut des „Kernbayern“ formuliert, im Angesicht der Alpen, bei sehr guter Sicht etwa bis auf die Höhe von Landshut, das heißt im Chiemgau und im Berchtesgadener Land, im bayerischen Oberland, auch noch in den niederbayerischen Landkreisen bis hin zur Donau, mit speziellen Abweichungen in der Oberpfalz und in Teilen des Bayerischen Waldes.“ Also in weiten Teilen des südlichen Freistaats. Aber was macht Bairisch denn nun aus? Laut Grubmüller prägen den Klang des Bairischen vor allem seine vielen Doppelvokale beziehungsweise Zwielaute (für Angeber: Diphtonge): So wird beispielsweise aus dem mittelhochdeutschen Diphtong „ei“ im Bairischen „oa“. Zu hören in koana (keiner), oans (eins) oder boarisch (bairisch). Dieses „oa“ sei besonders bekannt und prägendes Merkmal des Bairischen, schreibt der Experte. Besonders peinlich werde es aber, wird es falsch eingesetzt, etwa bei „oans, zwoa, droa“ oder „Floasch“ statt Fleisch. Auffallend im Bairischen ist auch die „früh eingetretene Wandlung des Konsonanten „l“ nach Vokalen: „al“ wird zu „ai“, „el“ zu „ei“, „il“ zu „ui“ (wie etwa in „Muich“ für Milch oder „boid“ für bald). Weiteres Merkmal der Sprache des Altbayern: Er rundet nicht gerne die Lippen bei „ö“, „ü“, „eu“, und „üe“. Zu hören in Worten wie: „Leffe“, „Gnedl“, „Bria“, „Breiss“ oder „Briada“ (Löffel, Knödel, Brühe, Preuße und Brüder). Das lange A wird im Bairischen gerne zu einem langgezogenen O, Grubmüller schreibt von einer „Verdumpfung“: So heißt der Vater im Bairischen „Voder“ (mit langem O), der Braten ist der „Brotn“, hat wird zu „hod“. Und: Der Bayer lässt auch gerne mal Vor- oder Endsilben weg, etwa ein „Ge-“ wie in „Glanda“ für Geländer, „glusdn“ für gelüsten, „Graffel“ für Geraffel oder „Höll“, „Soss“ und „Wisn“ für Hölle, Soße und Wiese. In seinem trotz der geringen Seitenzahl sehr umfassenden Werk geht der Sprachwissenschaftler auch gezielt auf Fettnäpfchen und Redewendungen ein, mit der sich gut Bairisch Konversation betreiben lässt. Tunlichst vermeiden sollten Zugaroaste und Neu-Sprachler folgende Ausdrücke – warum, das ist für den Bayern an sich selbsterklärend: „Weißwürstl“, „Brezl“, „das Maß“ (es heißt „die Mass“!), „Aufi gehts!“. Besser für eine gepflegte Gesprächsführung seien Ausdrücke wie „Basst scho“ für Zustimmung, „Do legst di nida“ für Bewunderung oder „Des hoit ja koa Sau net aus“ für einen unzumutbaren Zustand. Was Grubmüller übrigens auch schreibt: „Die Großstadt München gilt Sprachpflegern bereits als verloren, nicht ganz zu Unrecht.“ Ja dann: „Guat Nacht, schene Bairin“.
Der Grundwortschatz:
Auf über 60 Seiten von Klaus Grubmüllers „Gutes Bairisch“ findet sich ein „Grundwortschatz“ für die alltägliche Konversation für „Zweitsprachler“, wie der Autor schreibt.
Eine (willkürliche) Auswahl: Allawei: immer Auszogne, die: in eine runde Form gezogenes Schmalzgebäck – „erotische Assoziationen sind fernzuhalten“, warnt Sprachprofessor Grubmüller Bagasch, die: Wie viele bairische Wörter aus dem Französischen stammend, für Gesindel, Pack Baz, der: Dreck, Matsch benzn: quengeln, vor allem Kindern benzn gern umanandbussln: küssen Butter, der: „Im Bairischen ohne ersichtlichen Grund Maskulinum“, schreibt der Autor. gschroamaulad: laute, auftrumpfende, prahlerische Person lätschert: schlapp, lustlos, gelangweilt Noagerl, das: Rest im Bierkrug pfundig: schwer in Ordnung Strawanzn: streunen, ziellos herumschweifen umara: Erweiterung von um, bedeutet „gegen, circa“: „Umara achte“, gegen 8 Uhr. verhunackeln: verderben (rus)