Welterbe-Titel: “Ein Riesenerfolg für die Region”

Welterbe-Titel: “Ein Riesenerfolg für die Region”

Sibler: Urkunden-Überreichung in Künzing geplant

Die kleine Gemeinde Künzing steht jetzt in einer Reihe berühmter Städte: Seit Freitag gehört der Donauort mit den Überresten seines römischen Amphitheaters und Vicus zum Welterbe. In Künzing kann man die Bedeutung dieses Titels noch kaum fassen, meint Bürgermeister Siegfried Lobmeier voller Freude, während Kunstminister Bernd Sibler die Überreichung der Welterbe-Urkunde im Museum plant.

Die Entscheidung hat lange gedauert – nicht nur vergangene Woche, sondern Jahre. Denn der Antrag auf die Aufnahme des “nassen Limes” von Bad Gögging bis nach Ungarn wurde bereits 2018 an die Unesco gestellt. Das 2300 Seiten starke Werk hatten damals Minister Bernd Sibler und Prof. Dr. Sebastian Sommer, Landeskonservator am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und Vorsitzender der Deutschen Limes-Kommission, im Museum Quintana vorgestellt.

In den drei Bänden sind alle herausragend einzigartigen Werte entlang der Donau aufgelistet – darunter das Römerkastell Quintana in Künzing mit dem sehr seltenen hölzernen Amphitheater und Vicus. Das hatte der damalige Kreisarchäologe Dr. Karl Schmotz 2003 bei einer Routinegrabung entdeckt – und konnte es zunächst gar nicht recht glauben, was er da gefunden hatte. Denn in einem Hilfstruppenkastell wie Quintana war ein Amphitheater eher unüblich. Zudem handelt es sich um das erste hölzerne Amphitheater, ebenso wie das nicht weit davon entfernt liegende erste Holz-Mithräum, das 1998 ein Sensationsfund von Schmotz war.

Nur ein Viertel des Amphitheaters wurde ausgegraben

Ausgegraben wurde das Amphitheater nur zu einem Viertel, langsam und von Hand, um Struktur und Größe der Arena erkennen zu können. Der Rest befindet sich komplett im Boden. Großes Lob spricht Dr. Schmotz der Gemeinde Künzing aus, die das gesamte Grundstück mit dem Amphitheater erwoben und unbebaut gelassen hat. Nur so konnte Künzing in das Welterbe “Donaulimes in Bayern” aufgenommen werden.

Lobmeier: “Das sind unsere Schätze, da muss man stolz sein”

Freitagmittag fiel also die Entscheidung, Künzing erhielt den Welterbetitel. Damit hatte Siegfried Lobmeier kaum mehr gerechnet: “Ich habe mich narrisch gefreut und war ganz aus dem Häuschen.” Der Bürgermeister hofft, dass die kleine Gemeinde nun auch Beachtung erfährt im Kreis der Städte Regensburg, Straubing und Passau. Und dass viele Künzinger die Bedeutung des Donaulimes erkennen: “Das sind unsere Schätze, man muss da schon stolz sein”, sagt Lobmeier. Der Welterbe-Titel bestätige, “dass das auch ein Schatz ist”.

Die Freude ist auch bei Kreisarchäologe Stefan Hanöffner “unbandig”: Er ist froh, dass nach dem Ausstieg der Ungarn “eine vernünftige Entscheidung getroffen und eine pragmatische Lösung gefunden” wurde. Der Welterbe-Titel bedeute einen “schönen Rückenwind” für das Museum Quintana und für Künzing.

Kann man das Denkmal besser erlebbar machen?

Schwierig ist die Wertschätzung, weil die Funde noch im Boden stecken und ein Holzaufbau auf der Wiese nur die Ausmaße der einstigen Arena erahnen lässt. Dies wurde damals nach bestem Expertenwissen und in Anlehnung an ein obertägiges vergleichbares Amphitheater in Gnotzheim, Mittelfranken, konstruiert, schildert Karl Schmotz. Bürgermeister Lobmeier kann sich vorstellen, die Darstellung zu überarbeiten, um sie für Touristen und Einheimische interessanter zu gestalten. Ideen gibt es dafür durchaus, sagt Kreisarchäologe Hanöffner, bleibt aber skeptisch: Denkmäler besser erlebbar zu gestalten, sei oft schwierig, denn für Besucher dürfe kein Sicherheits- risiko entstehen. Ohnehin bleibt das Amphitheater an sich als Bodendenkmal in der Erde erhalten. So wird es bewahrt, bis es noch bessere Untersuchungsmethoden gibt, ohne es zu beschädigen.

Freude herrscht auch bei Josef Wagner, Vorsitzender des Museumsvereins. Gleichzeitig sieht er den Welterbe-Titel als Bestätigung der Arbeit, die seit 40 Jahren in Künzing geleistet wird. Und “als Ansporn, dass man künftig das Erbe hoch schätzt”: Er hofft dass mehr Leute auf die Region und das Museum aufmerksam werden und man künftig wieder Aktionen und Vorträge bieten kann, die wegen Corona nicht möglich waren.

Bei Bayern nicht nur an Schlösser, sondern auch an Donau denken

Denn der Museumsverein bemühe sich seit vielen Jahren, auch in der Region das Bewusstsein zu schaffen, dass man nicht nur auf Pyramiden in Ägypten, Machu Picchu in Peru oder die Chinesische Mauer schielen dürfe, sondern dass sich auch im eigenen Umfeld wichtige Orte befinden – jetzt von bestätigtem Weltrang.

Wagner regt an, den eigenen Fokus zu erweitern und bei Bayern nicht nur an Königsschlösser wie Neuschwanstein oder Linderhof zu denken, sondern auch die alte Geschichte als Ausflugsziel zu berücksichtigen. Dann könne man eine schöne Zeit an der Donau verbringen: vom Kastell Eining bei Neustadt an der Donau über die Porta Praetoria in Regensburg, das Gäubodenmuseum in Straubing bis zum Museum Quintana in Künzing, dem Boiotro-Kastell in Passau oder der Rekonstruktion eines Römer-Standorts an der Schlögener Schleife.

Auch Dr. Roman Weindl ist “immer noch sehr euphorisch”. Besonders freut ihn, dass sich die lange Vorarbeit für die Hauptverantwortlichen des Antrags ausgezahlt hat, sagt der Leiter des Museums Quintana und nennt dabei “Landeskonservator Prof. Dr. Sommer am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, der demnächst in den wohlverdienten Ruhestand gehen wird und für den die Entscheidung ein schönes Abschiedsgeschenk ist”. Mit dem Landesamt für Denkmalpflege wird Weindl künftig daran arbeiten, “die römischen Überreste vor Ort noch stärker sichtbar und begreifbar zu machen.”

Urkunden-Überreichung soll im Museum Quintana erfolgen

Vorher aber soll die Anerkennung des Welterbetitels gefeiert werden. Da kommt die Ankündigung von Kunstminister Bernd Sibler gerade recht: 2018 wurde der Antrag im Museum Quintana vorgestellt, hier soll auch der Abschluss erfolgen. Deshalb soll für den deutschen Teil des internationalen Antrags die Übergabe der Urkunde in Niederbayern erfolgen – und zwar in Künzing. Die Details dazu müssen erst noch geplant werden, auch der Termin steht noch nicht fest.

Das Museum Quintana ist laut Sibler der ideale Ort für die Urkunden-Überreichung. Für die Einrichtung erhofft er auch langfristig mehr Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit durch den Welterbetitel – schließlich werden diese Stätten von einigen Leuten gezielt besucht. Das Welterbe sei “ein Riesenerfolg für die Region”.

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