Das Stift Engelszell (Oberösterreich) mit seiner Rokokopracht ist weltweit bekannt. Attraktiv und als Ausflugsziel sehr beliebt ist das Stift im ehemaligen Bistum Passau zudem durch seine stiftseigene Likörerzeugung und seine Brauerei. Ein Film gewährt Einblick in diesen wahren Kraftort.
Das oberösterreichische Stift Engelszell, knapp 30 Kilometer donauabwärts von Passau entfernt und ehemals zum Bistum zugehörig, ist ein wahrer Kraftort – ein Stift der Superlative. Die Stiftskirche mit ihrem 76 Meter hohen Turm ist eine der wenigen stilistisch reinsten Rokoko-Kirchen in ganz Österreich. Im Kircheninnenraum besticht das moderne Fresko des ortsansässigen Malers Fritz Fröhlich, das größte Deckengemälde der Nachkriegszeit weltweit. Und neben der stiftseigenen Likörerzeugung (seit 1929) ist Engelszell für sein selbst gebrautes Trappistenbier in der eigenen Brauerei – die achte Trappistenbrauerei weltweit – weit über die Grenzen Österreichs international bekannt. Apropos Trappisten: Die fünf Mönche leben als „Zisterzienser der strengeren Observanz“ in strenger Klausur. Sie leben und arbeiten im Stift, geben Führungen und kümmern sich um dessen Erhalt. Einer von ihnen ist Pater Christian. Gemeinsam mit Diakon und Wirtschaftsleiter Hans Hofer hat er Stefanie Hintermayr umfassende Einblicke in das Stift Engelszell gewährt – teils auch in Trakte, die nicht öffentlich zugänglich sind. Ein Film dazu:
Das Stift Engelszell und seine Geschichte
Das Stift Engelszell verbindet eine jahrhundertealte, traditionsreiche und sehr bewegte Geschichte mit dem Bistum Passau. Gestiftet und gegründet wurde es im Jahr 1293 vom damaligen Bischof von Passau, Bernhard von Prambach. Als erste Ordensgemeinschaft lebten Zisterziensermönche im Stift, die der benachbarte Konvent in Wilhering bei Linz geschickt hatte. Über die Jahrhunderte erlebte Engelszell einen regen Wechsel. Heute ist das Stift Heimat von fünf Trappistenmönchen, zudem von sogenannte Familiaren und zehn Laienmitarbeitern, die allesamt in Gemeinschaft leben und arbeiten.
Spagat zwischen Rokoko und Moderne – Die Stiftskirche
Ein wahrer Prachtbau ist die Stiftskirche Engelszell, erbaut in den Jahren von 1754 bis 1764. Sie gehört zu den wenigen stilistisch reinsten Rokoko-Kirchen in ganz Österreich. „Wer unsere Kirche betritt wird umgehauen von den schönen Malereien des Künstlers Bartolomeo Altomonte“, erzählt Trappistenpater Christian begeistert, der die Stiftskirche als einer der Führer bestens und bis ins kleinste Detail kennt. „Es ist eine wahre Rokokopracht, die sich vor dem Besucher entfaltet.“ Allein schon das Hochaltarbild von Altomonte, das er in die Apsis hineingemalt hat, lädt zu genauem Betrachten und längeren Verweilen ein: Die Darstellung von Maria Königin, wie sie vor den Augen der Jünger in den Himmel emporgehoben und gekrönt wird. Im Vergleich zu diesem Kunstwerk mag das 1954 bis 1957 entstandene Deckenfresko des ortsansässigen Nachkriegskünslters Prof. Fritz Fröhlich nicht so recht passen. Die verspielten, teils kindlich-fröhlich anmutenden Figuren der Malerei im kubistischen Stil stechen einfach heraus, allerdings erst beim genauen Hinsehen. Geschickt hat der Künstler dieselben Farben wie der barocke Maler Altomonte gewählt. Auf den ersten Blick und als großes Ganzes betrachtet fällt das Fresko gar nicht so sehr auf. Die Details machen den (großen) Unterschied. Und so wirft die weltgrößte Deckenfreskomalerei der Nachkriegszeit zwangsläufig Fragen auf. Zur Entstehung: Nach einem Wasserschaden wurde das ursprüngliche Gemälde zerstört, und die Decke wurde vorübergehend weiß ausgemalt. Das allerdings wollte der damalige Abt Benno Stumpf nicht so belassen, sodass er Fritz Fröhlich den Auftrag für ein neues Gemälde erteilte. Die Bedingungen: Das Fresko musste zur Stiftskirche passen und unter dem Thema „Maria Königin“ stehen. Beides erfüllt, meint Pater Christian: „Das Bild ist zentral mit Maria Königin in der Mitte. Und was das Hineinpassen betrifft, so sind wir Mönche froh und stolz, hier ein solch zeitgenössisches Kunstwerk zu haben. Doch das zu beurteilen, überlasse ich jedem persönlich.“
Die Trappistenmönche im Stift
„Trappisten“ wird die derzeit dort lebende Ordensgemeinschaft im Volksmund genannt. Eigentlich trägt der Orden den Namen „Zisterzienser der strengeren Observanz“. Die fünf Mönche leben streng nach der Regel des Heiligen Benedikt und gehen daher auch keiner seelsorglichen Tätigkeit beispielsweise in Pfarreien und Schulen nach. Im Fokus steht das Gebet und die Arbeit, ganz getreu der Mönchsregel „Ora et labora“ (zu Deutsch: Bete und arbeite). „Wir Trappisten mögen es einfach und schlicht, auch die Kirchen, damit sie den Beter nicht ablenken“, erzählt Pater Christian. Nur ist die Stiftskirche alles andere als einfach und schlicht. Steht also die Rokokopracht nicht im Widerspruch zu diesem Ordensgrundsatz? „Wir sind ja nicht die Bauherren“, begründet Pater Christian. Nach dem Ersten Weltkrieg fanden die Trappisten „als Flüchtlinge“ im Jahr 1925 in Engelszell eine neue Heimat, eine äußerst prunkvolle, mit der sich die einfach und schlicht lebenden Mönche erst identifizieren mussten. „Diese Pracht ist nicht das Zentrum unseres Verständnisses von Spiritualität. Doch mussten Mönche manchmal das nehmen, was sie vorfanden. In diesem Fall fiel das aber leicht“, erzählt Pater Christian mit einem Lächeln auf den Lippen.
Im tiefsten Inneren der Klausur und für die Öffentlichkeit nicht zugänglich befindet sich, neben dem „Herzstück“ Kapelle, auch die Bibliothek. Neben der Heiligen Schrift gibt es hier eine Vielzahl verschiedenster Literatur: exegetische, historische, philosophische. „Neben dem Gebet und der Arbeit soll sich der Mönch schließlich der Lesung, der Lectio divina (zu Deutsch: Heilige Lesung), widmen“, so Pater Christian. Eine sehr schöne Beschäftigung, wie er findet, besonders in solch einer Bibliothek. „Künstlerisch hat der Raum sehr viel zu bieten. Er ist, wie die Stiftskirche, vom Barockkünstler Altomonte gestaltet und lädt mit seinen herrlichen Deckenmalereien und Stuckarbeiten zum längeren Verweilen ein.“
Likörerzeugung und Brauerei
Weltweite Berühmtheit hat Engelszell zudem durch seine stiftseigene Likörerzeugung (seit 1929) und seine Brauerei (seit 2012) erlangt. Wirtschaftlich betrachtet sind das die beiden wichtigsten Standbeine des Stifts, so Diakon und Wirtschaftsleiter Hans Hofer. „Die Liköre werden seit rund 80 Jahren direkt bei uns in Engelszell unter der Leitung eines Mönchs erzeugt.“ Die Besonderheit des zweiten Standbeins Brauerei: In Engelszell steht die achte Trappistenbrauerei weltweit.